Autor: Leon­hard Herres, Dualer Student Maschi­nenbau bei Zahnen Technik
Lese­dauer: 5 Minuten

Hallo zusammen,

ich habe die Zeit von Ende Februar bis Mitte Juli dieses Jahres in Athen verbracht. Dort habe ich ein Auslands-semester an einer Part­ner­hoch­schule der Hoch­schule Trier absol­viert. Über diesen Artikel in unserem Blog möchte ich Euch allen davon berichten.

Warum über­haupt ein Auslands­se­mester und warum in Griechenland?

Schiffs­wrack-Aussichts­punkt in Zakyn­thos (Insel im Westen von Griechenland)

Panathi­naiko-Stadion bei Nacht

Zunächst ist es erwäh­nens­wert, dass ein Auslands­se­mester im dualen Studium grund­sätz­lich nicht notwendig ist. Durch mein Inter­esse und die Neugier, diese Erfah­rung zu machen, habe ich mir gewünscht, dies zu erleben und auch die Chance dazu bekommen. Für Athen entschied ich mich, da dort die Semes­ter­zeiten gepasst haben, inter­es­sante Fächer vorge­lesen, die in Trier nicht ange­boten werden und um die Erfah­rung zu machen, in einer Groß­stadt zu leben.

Knapp ein Jahr vor dem geplanten Start des Auslands­se­mester begann ich mit der Vorbe­rei­tung. Um ein Auslands­se­mester machen zu können muss man zunächst von der Heimat­hoch­schule ausge­wählt und nomi­niert werden. Dann kann man sich bei der Part­ner­hoch­schule bewerben. Es sind verschie­dene Doku­mente erfor­der­lich, damit die Aner­ken­nung von Prüfungs­leis­tungen aus dem Ausland funk­tio­niert. Ende November 2021 erhielt ich endlich die Zusage für das Auslands­se­mester und begann mit der Wohnungs­suche. Hierzu habe ich einen Beitrag in einer Face­book-Gruppe gepostet, in der einige Vermieter aus Athen Mitglieder sind und ihre Wohnungen an Erasmus-Studenten vermieten. Nach einigen Chats und Tele­fo­naten habe ich dann ein Zimmer in einer 3er-WG in der Nähe der Akro­polis gefunden.

U‑Bahn-Station Panepi­stimio im Zentrum von Athen

Kreu­zung Syggrou-Fix nahe meiner Wohnung

Die erste Zeit in Griechenland

Grup­pen­foto von einem Sonn­tags­aus­flug nach Nafplio mit Erasmus-Studenten

Als es dann nach einer Klau­su­ren­phase der Hoch­schule Trier im Februar endlich nach Athen ging, war ich unglaub­lich aufge­regt. Ich kannte niemanden, war noch nie in Grie­chen­land und wusste nicht, wie gut ich mit meinen Englisch-Kennt­nissen zurecht­kommen werde. Zufäl­li­ger­weise habe ich aber meinen neuen Mitbe­wohner schon am Flug­hafen in Frank­furt getroffen, da dieser auch aus Deutsch­land kommt. Ange­kommen in Athen erlebte ich zunächst einen kleinen Kultur­schock. Jeder der schonmal in Grie­chen­land war weiß, dass die meisten Gebäude, Straßen und damit auch die Autos kaputt, herun­ter­ge­kommen oder gene­rell in einem schlechten Zustand sind. Dementspre­chend war auch mein Zimmer in der Wohnung, die ich gemietet hab: schmutzig, alt, mit teil­weise kaputten Möbeln und einer verzo­genen, einfach-verglasten Balkontür. Man hat sich so gefühlt, als wäre das Fenster dauer­haft offen. Auch die Geräusch­ku­lisse war inter­es­sant mit bellenden Hunden, Mopeds mit aufge­bohrtem Auspuff und mindes­tens einem Dutzend Schrott­händler pro Tag. Außerdem war das Wetter erstmal eiskalt. Lusti­ger­weise hat es im März in Athen geschneit, als es in Deutsch­land 15 Grad und Sonne waren. Die ersten Tage waren schwierig, es gab sehr viel zu erle­digen und alles war komplett neu für mich. Diese Anstren­gungen teilte ich mir aber mit den anderen Eras­mus­stu­denten, die in der glei­chen Situa­tion steckten. Viele Studenten konnte ich aufgrund von Veran­stal­tungen der Uni und über WhatsApp-Gruppen sehr schnell kennen­lernen. Bei diesen Veran­stal­tungen habe ich bereits die Offen­heit, Freude und Unter­neh­mens­lust der Anderen erfahren und gemerkt, dass ich mein Englisch zwar noch verbes­sern musste, aber schon in der Lage dazu bin, mich mit Allen auszu­tau­schen und inter­es­sante Gespräche zu führen. Ich habe also schnell viele Leute kennen­ge­lernt, sodass sich in kurzer Zeit schon mein engerer Freun­des­kreis bildete.

Die grie­chi­sche Hochschule

An der grie­chi­schen Hoch­schule, an der insge­samt ca. 61.000 Personen auf 3 verschie­denen Campus studieren, hatte ich wieder einen kleinen Kultur­schock, denn wie in Athen üblich war das Gebäude runter­ge­kommen und mit Graf­fiti besprüht, außen ist zwischen kaputten Bürger­steigen und Straßen überall Unkraut gewachsen, innen waren vier von fünf Toiletten defekt und es wurde in den Gängen geraucht. Der Kultur­schock wurde aber schnell von der Sympa­thie meines Profes­sors und den grie­chi­schen Studenten, die mir immer sehr freund­lich weiter­ge­holfen haben, kompen­siert. Meine Vorle­sungen waren auf Englisch und haben damit nicht mit den grie­chi­schen Studenten zusammen statt­ge­funden. Insge­samt waren in diesem Semester leider kaum Erasmus-Studenten für Maschi­nenbau an der Hoch­schule in Athen, sodass wir beispiels­weise in der Vorle­sung für Erneu­er­bare Ener­gien nur zu zweit waren. Das hatte aller­dings den Vorteil, dass die Vorle­sung sehr inter­aktiv war und wir dem Professor viele Fragen stellen konnten.

Eingang der Univer­sity of West Attica — Campus 2, Ancient Olive Grove

Nun wurde es von Woche zu Woche schöner im Auslands­se­mester. Mitt­ler­weile war Mai, ich kam gut in der Hoch­schule und mit dem Englisch-Spre­chen zurecht und die ersten orga­ni­sierten Trips haben gestartet. Die Trips werden von den Eras­mus­sek­tionen der Hoch­schulen orga­ni­siert und sind speziell für Eras­mus­stu­denten gemacht, damit diese die Möglich­keit haben, günstig das Land und weitere Personen kennen­zu­lernen und möglichst viel im Auslands­se­mester zu erleben. Der erste und gleich­zeitig mit Abstand größte Trip ging nach Kreta. Wir haben dort fünf Tage mit über 900 Eras­mus­stu­denten, die in verschie­denen grie­chi­schen Städten studierten, verbracht und folgten jeden Tag einem Programm — ein verrückter Trip, nicht verwun­der­lich, wenn 900 junge Studenten aus ganz Europa aufein­an­der­treffen. Im weiteren Verlauf meines Auslands­se­mes­ters fanden noch weitere ein- bis drei­tä­tige Wochen­end­trips statt, an denen ich immer sehr gerne teil­ge­nommen habe, neue Leute kennen­ge­lernt habe und viel erlebte. Dadurch und durch selbst orga­ni­sierte Trips konnte ich insge­samt sieben Inseln besu­chen. Glück­li­cher­weise zahlt man als Student einer grie­chi­schen Univer­sität nur die Hälfte der Kosten für die Fähre.

Ein Teil meiner besten Freunde während des Auslandssemesters

Ausblick vom Lyca­bettus Hügel über Athen kurz nach dem Sonnenuntergang

Alltag in Griechenland

Mein Alltag in Athen sah so aus, dass ich immer etwas für die Hoch­schule zu tun, aber dennoch genug Zeit hatte, mit meinen Freunden an den Erasmus-Veran­stal­tungen teil­zu­nehmen und die Stadt mit ihren Sehens­wür­dig­keiten zu erkunden. Zu Sehen gibt es in Athen Einiges. Neben der Akro­polis, die mich vom ersten bis zum letzten Tag begeis­tert hat, vor allem wenn Sie im Dunkeln beleuchtet war, gibt es eine relativ gut gepflegte Altstadt mit weißem Marmor, die gut erhal­tene Ancient Agora, die der Geburtsort der Demo­kratie ist, verschie­dene Hügel, wie zum Beispiel den Lyca­bettus Hill, von denen aus man über die ganze Stadt hinweg den Sonnen­un­ter­gang beob­achten kann, das Panathi­naiko-Stadion, wo 1896 die ersten olym­pi­schen Spiele statt­ge­funden haben und viele weitere sehens­werte Orte mit einem histo­ri­schen Hinter­grund. Ich war immer unter­wegs, entweder an der Hoch­schule, in der Innen­stadt oder ab Ende Mai auch des Öfteren am Strand, sodass die Zeit wie im Flug verging und man sich langsam bewusst machen musste, dass die Zeit des Auslands­se­mes­ters, im mitt­ler­weile bekannten Land, mit mitt­ler­weile sehr sehr guten Freunden, mit denen man täglich zu tun hat und Feste wie Geburts­tage und Ostern verbringt, zu Ende geht. Ein trau­riger Gedanke, der mich aber auch dazu bewegt hat, die letzten Wochen des Auslands­se­mes­ters optimal auszu­nutzen und zu genießen. Dadurch wurde die Zeit mit den Freunden noch schöner, die Frequenz der Partys, die Freude und Freund­lich­keit der Studenten immer größer und die Gespräche immer besser, was mit Sicher­heit auch daran gelegen hat, das mitt­ler­weile jeder seine Englisch-Fähig­keiten deut­lich verbes­sert hat. Tatsäch­lich hatten wir dadurch eine unfassbar gute Zeit und nun viele schöne Erin­ne­rungen. Aber auch die Zeit in der Hoch­schule geht zu Ende und das bedeutet: Klau­suren. Während viel gefeiert wurde, musste also auch gelernt werden. Glück­li­cher­weise sind die Klau­suren für Eras­mus­stu­denten gene­rell ein wenig einfa­cher oder das Fach wird nicht mit einer Klausur, sondern mit einem Projekt absolviert.

Blick vom Monast­iraki-Square auf die Akropolis

Ancient Agora

Irgend­wann war es dann so weit, die ersten Freunde haben Athen verlassen und plötz­lich wurde es ruhiger. Man hat gemerkt, dass alle die noch da sind, die schöne Zeit aufrecht­erhalten wollen, dies aber schwer­fällt. Ich habe mich auch wieder darauf einge­stellt, nach Hause zu kommen, den Alltag und die Freunde in Grie­chen­land zu verlassen und wieder nach Deutsch­land zu Zahnen Technik zurück­zu­kehren. Dort steht nun meine Bache­lor­ar­beit an.

Ich kam zurück mit einzig­ar­tigen Erin­ne­rungen, unver­gess­li­chen Erleb­nissen, schönen und weniger schönen, aber dafür lehr­rei­chen Erfah­rungen, deut­lich besseren Englisch­kennt­nissen und habe nun Freunde in ganz Europa, die ich alle mal besu­chen will.

Ich empfehle jedem, der die Möglich­keit bekommt, ein Auslands­se­mester zu machen, dies unbe­dingt zu tun und die Erfah­rung zu machen, eine neue Kultur, einen anderen Lebens­stil und viele junge Leute kennenzulernen.

Sprecht mich gerne an, wenn Ihr noch mehr über meine Zeit in Grie­chen­land wissen oder weitere Bilder sehen möchtet.

Viele Grüße
Leonhard
Duales Studium Maschinenbau